Das Aubachtal

von Eberhard Stich, Hechendorf, November 1999

Entstehung

Die geologische Geschichte dieser Landschaft in unserer Gemeinde beginnt erst am Ende der Erdneuzeit vor ca. 1 Million Jahren. Ein weltweiter Klimaumschwung ließ die Durchschnittstemperaturen auf der Erde und in den Ozeanen um mehr als 5° C sinken. Riesige Gebiete der Erde vereisten. Das Eiszeitalter hatte begonnen. Aus dem Alpenraum stießen während der Donau-, Günz-, Mindel- und Würmkaltzeit mindestens fünf Mal die Gletscher nach Norden vor. Unter diesen Gletschern und an den Rändern wurde der mitgebrachte Gesteinsschutt in Grund-, End- und Seitenmoränen abgelagert. Mit jedem Eisvorstoß änderte sich das Landschaftsbild. Vom Gletscher tief geschürfte Rinnen füllten sich wieder, neue Moränen bildeten sich konzentrisch hintereinander. In den Warmzeiten entstanden für geologische Zeiträume sehr kurzlebige Seen. Der vorletzten und letzten Vereisung in der Würm- und Rißkaltzeit verdanken auch unsere Seen ihre Existenz. Aus der „Garmischer Pforte“ kommend bedeckte der Ammergletscher unser Gebiet. Dazu gehörte auch ein Abzweig (wie der abgespreizte Finger einer Hand) in Südwest/Nordost-Richtung. Die Oberkante der Eismassen lag etwa bei 600 m ü.d.M. Die Endmoränen, z.B. die Dellinger Höhe, sind auch heute noch markant und deutlich sichtbar. Vor etwa 40 000 Jahren begannen die Eismassen zu schmelzen und ca. 30 000 Jahre später umfaßten die Seiten- und Endmoränen eine riesige Wasserfläche – den Ammersee. Seine Ausdehnung reichte im Süden über Weilheim/Peißenberg, im Norden bis Grafrath, im Westen bis zu den Höhen des heutigen Ammersee-Westufers und im Osten bis zur Linie Dellinger Höhe-Widdersberg-Andechs-Pähl. Das Aubachtal ist also ein Teil des Ammersees.

Im Laufe von wenigen Jahrtausenden hatte sich die Ausdehnung des Sees auf höchstens ein Sechstel verringert. Die Ammer und alle anderen Zuläufe – so auch der Aubach – luden alle mitgeführten Erd- und Gesteinsmassen darin ab. Es entstanden die sogenannten Schwemmkegel. Am Nordende „nagte“ die Erosion an der Endmoräne und legte den Ausfluß – die Amper – und damit den Seespiegel um ca. 30 m tiefer. So entstand auch der Pilsensee (534 m mittlerer Wasserpiegel), in den wiederum die Restwasser des Aubachtales durch den Aubach eingeleitet wurden. Später wurde der Pilsensee vom Ammmersee (533 m mittlerer Wasserspiegel) durch die Verlandungszone des Herrschinger Mooses getrennt. Diese Entwicklung wurde verursacht durch den Schwemmkegel des Kienbachs. Der Abfluß des Pilsensees (Fischbach) blieb unverändert, so daß der Pilsensee einen konstanten Wasserstand und eine gleichbleibende Flächenausdehnung (194 ha) erhielt. Am Nordostende kam durch den Aubach ein Verlandungsprozeß in Gang.

Die Tallandschaft

Der Aubach, 7.1 km lang, Wasserführung ca. O,4 cbm/sec hat dem Pilsensee schon immer die Oberflächenwasser des von ihm geprägten Aubachtales von ca. 38 qkm zugeführt. Im Gegensatz zu fast allen Bächen und Flüssen im Voralpenbereich ist die Fließrichtung des Aubachs allerdings von Nordost nach Südwest. Die Erklärung hierfür liegt in der schon immer bestehenden Höhendifferenz (ca. 80 m) vom Ursprung des Bachs bis zum See. Das Aubachtal wurde also stark vernäßt, so daß eine Reihe von Mooren und kleine Wasserflächen längs des Baches entstanden. Viele kleine Wasserläufe vernetzten die Urlandschaft. Es baute sich auch die typische Flora für ein solches Gebiet auf: Moose, Flechten, Birken und Latschen, später dann auf dem Moränengrund ergänzt mit Laubgehölzen (Buchen, Eichen). So entstand auch der spezifische Lebensraum für Wirbeltiere, Vögel und Insekten.

Kultivierung des Aubachtals

Auch die Menschen besiedelten die Landschaft zwischen den Seen und machten sie zur Heimat vieler Generationen. Die ersten Ansiedlungen wurden alle auf den Höhen der Moränen oder auf den Schwemmkegeln (auf jeden Fall im Trockenen) gegründet. So ist z.B. der Ortsname „Hechendorf“ abgeleitet von „Höhendorf“. Sümpfe, Moore und Wasser waren für die damaligen Bewohner immer etwas Bedrohliches, ein mit Gefahren verbundenes unfruchtbares Land – völlig ungeeignet zum Anbau von Feldfrüchten bzw. für Weiden oder zur Viehhaltung. Nutzen konnte man die Gewässer nur zum Fischfang und zur Jagd. Das silberglänzende, weiche Fell der Ottern war sehr begehrt. Die Otternmütze ist auch noch heute Bestandteil alter Fischertrachten. Schon sehr früh begann man den Kampf mit der Natur, da trockenes Ackerland geschaffen werden mußte. Dem Aubach wurden 21 Bäche mit insgesamt ca. 25 km Länge zugeführt, die wiederum von einem dichten Netz von unter- und oberirdischen Entwässerungskanälen gespeist wurden. Die Oberflächenentwässerung der in diesem Wasserableitungssystem einbezogenen Ortsteile von Seefeld ist heute zu ca. 80 % verrohrt. Kennzeichnend für dieses flächendeckende System sind funktionsbestimmte Gerinne in technischer Bauweise, die zur Entwässerung für eine landwirtschaftliche Nutzung und zum Hochwasserschutz hergestellt wurden.

Wirtschaftliche Nutzung

Zur wirtschaftlichen Nutzung des Aubachwassers bzw. seiner Wasserkraft wurden verschiedene Anlagen geschaffen:

• Fischteichanlage im Urprungsgebiet (Fl.Nr. 327 Gem. Oberpfaffenhofen).

• Fischteich (ca. 4 ha) im Ettenhofener Holz. Der Staudamm bei Bach-km 6,33 wurde durchstochen und die Teichsohle den Hochstadter Landwirten als Streuwiesen zugeeignet.

• Waldweiher (ca. 1000 qm) wurde 1965 durch Höherlegen der Durchflußrohre am Verbindungsweg Delling-Hochstadt (Bach-km 6,22) geschaffen. 1967 Herstellung des alten Zustandes durch die Gemeinde Hochstadt, da man die bachaufwärts gelegenen nicht genutzten Streuwiesen vor Wiedervernässung schützen wollte.

• Brauchwasserpumpanlage für Gut Delling bei Bach-km 4,66.

• Mühle in Delling (der Mühlgraben Fl. Nr. 315, Mündung in den Aubach bei Bach-km4,00) ist in seiner Gesamtlänge von 740 m vollkommen trockengelegt. In Teilbereichen wird er zur Oberflächenwasserableitung in den Aubach genutzt.

• Hartmühle, seit ca. 30 Jahren außer Betrieb, zunehmender Verfall der baulichen Anlagen

• Sägewerk Mühlbachstra.e, Antrieb durch Mühlbach, heute elektrisch, Ableitung des Mühlbachs in den Aubach, Errichtung von Fischteichen.

Regulierung des Bachlaufs

Während des 1. Weltkrieges beschlossen die Grundeigentümer auf Initiative vonGraf Toerring, den Aubach zu regulieren. 1916 verlegten daraufhin Kriegsgefangene den Bachlauf auf lange Strecken und verbauten ihn hochwassertauglich.

Zuständigkeit und Gewässerschutz

Der Aubach ist ein Gewässer 3. Ordnung und muß von der Gemeinde Seefeld unterhalten werden, ausgenommen davon sind ca. 300 m, die auf Weßlinger Flur liegen und so in die Zuständigkeit der Gemeinde Weßling fallen. Zuständig für den gesamten Bachlauf ist das Wasserwirtschaftsamt München. Die Grundeigentümer des Aubachtals haben sich in einer „Aubachgenossenschaft“ zusammengeschlossen. Diese hat dafür zu sorgen, daß das Entwässerungssystem im Aubachtal voll funktionsfähig bleibt. Die Genossenschaft erfüllte diese Aufgabe auch jahrzehntelang gut, doch gelangte leider sehr viel Abwasser in den Aubach und damit in den Pilsensee. Im Hinblick auf den allgemeinen Naturschutz und die Reinhaltung der Gewässer ging man dann vor ca. 50 Jahren ernsthaft daran, einer weiteren Verschmutzung Einhalt zu gebieten und die Verunreinigungen, sowie deren mittel- und unmittelbare Einwirkung auf die biologischen Verhältnisse zu überprüfen. Heute ist das Abwasserproblem in den dicht besiedelten und hoch industrialisierten europäischen Staaten so aktuell wie niemals zuvor. Die Verschmutzung der Gewässer griff nicht nur in der Nähe von Industrien und Städten, sondern auch in ländlichen Bezirken um sich. In der Land- und Forstwirtschaft, im Obst- und Weinbau werden auch noch heute chemische Dünge-, Schädlingsbekämpfungs- und Unkrautvernichtungsmittel verwendet, die – falls sie durch einen starken Regen oder bloße Fahrlässigkeit in ein Gewässer gelangen – große Schäden anrichten können. Außerdem dringt die Industrie immer weiter auf das Land vor, da dort mehr Baugrund und billigere Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, vielfach jedoch fehlen die notwendigen Einrichtungen zur Abwasserreinigung. Auch ein Ziel für Renaturierungsmaßnahmen.

Ein nicht verschmutztes Gewässer ist gekennzeichnet durch sauerstoffreiches, klares Wasser, eine niedere Bakterienzahl und eine reichen Tier- und Pflanzenwelt.

Belastung der Gewässer

Großen Schaden können die industriellen Abwasser mit anorganischen Stoffen verursachen, da sie das Wasser entweder zu sauer oder zu alkalisch machen oder oft eindeutig giftig sind. In der Vergangenheit mußten leider einige Male Verschmutzungen durch Ölunfälle und Fäkalieneinleitungen in den Aubach und damit in den Pilsensee festgestellt werden (Fischsterben). Aber nicht nur Öl oder Chemikalien in Katastrophenfällen verschmutzen unsere Gewässer. Noch größeren Schaden verursacht das ständige Einschwemmen vieler Tonnen von Salzen, wie z.B. Phosphaten und Nitraten. Im Bayer. Wassergesetz Art. 41a wird der Begriff „Abwasser“ definiert. Demnach ist Abwasser im Sinne dieses Gesetzes ein Wasser, das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch verunreinigt wird, oder das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten und befestigten Flächen (Straßen) abfließt. Daraus folgt, daß der Aubach ca. 0,4 cbm/sec teils verschmutztes Wasser aus dem Einzugsgebiet von 38 qkm in den Pilsensee leitet. Der Aubach dient also letztlich der schnellen Entwässerung sowie der sicheren und billigen Verfrachtung von Abwasser in den Pilsensee.

Geologische Besonderheit des Aubachtals

Es ist bekannt, daß im Umland des Pilsensees, also auch im Aubachtal, kein Wasser versitzt. Eine Bestätigung fand diese Tatsache bei den Baggerarbeiten der ersten Stufe von Renaturierungsarbeiten am Bachlauf. Die erste Bodenschicht besteht hier aus meist fruchtbarem, jahrelang kultiviertem Ackerboden, dann folgt eine relativ dicke Moorhumusschicht, darunter die wasserundurchlässige Seetonschicht, die sich bis zum Ammersee fortsetzt. Noch im vorigen Jahrhundert war der Talgrund des Aubachs mit Mooren und vielen kleinen Wasserflächen überdeckt und zunächst für jegliche landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar. Erst nach einem nachgebesserten Entwässerungssystem und dem Ausbau von Straßen, Wegen und der Eisenbahntrasse wurde ökonomischer Landbau möglich. Jetzt wurden auch Aufforstungen vorgenommen.

Ökologie

Die ökologischen Veränderungen waren bisher bedeutungslos, zumal die Entwässerungsmaßnahmen keine bemerkenswerten Schäden an der Wasserqualität oder der Flora und Fauna erkennen ließen. Allerdings entschied man sich aus ökonomischen Gründen in der Tierwelt für Fische und Krebse und und rottete fischfeindliche Tiere, wie z.B. Reiher und Otter „einfach“ aus. Die verbaute Bach- und Moorlandschaft engte zusätzlich den Lebensraum von Fauna und Flora stark ein.

Der Pilsensee

In den Jahren von 1950 – 1970 wurde durch die Einleitung von Abwasser infolge einer übermäßigen Bautätigkeit, sowie durch den Ausbau von Straßen und öffentlich zugänglichen Badeplätzen der Pilsensee biologisch fast vernichtet. Schon Anfang der 60er Jahre hatte man begonnen, Ringkanäle um die Seen zu bauen, um wenigstens die Fäkalieneinleitungen zu stoppen. Oberalting-Seefeld wurde z.B. 1973 an den Abwasserkanal Ammmersee-Ost angeschlossen. Die Folge davon war eine langsam zunehmende Verbesserung der Wasserqualität des Pilsensees. Mit dieser Verbesserung der Wasserqualität sollte man sich jedoch nicht zufrieden geben, da mit wenig Aufwand und bei Verzicht auf den heute ohnehin nicht mehr gegebenen wirtschaftlichen Nutzen von wassernahen landwirtschaftlichen Flächen noch viel an den umwelt- und landschaftsfeindlichen Maßnahmen vergangener Jahrzehnte korrigiert werden kann. Die Renaturierung des Aubachtals ist ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Gewässerqualität, ohne daß damit der Urzustand wieder hergestellt werden kann.

Renaturierung des Aubachs

Nach jahrelangem Bemühen im Gemeinderat Seefeld ist nun endlich „grünes Licht“ zum schnellen und unbürokratischen Ausbau, d.h. zur Renaturierung des Aubaches gegeben worden – zunächst von der Seemündung bis zum alten Klärwerk. Diese Strecke gilt sozusagen als Pilotprojekt für das gesamte Aubachtal. Alle Veränderungen im Gemeindegebiet Seefeld wurden dabei in Übereinstimmung mit dem Landschaftsplan und dem neuerdings in Auftrag gegebenen Erhebungsplan für den gesamten Aubach durchgeführt. Ein besonderer Dank gebührt in diesem Zusammenhang den Grundbesitzern, die große an den Aubach angrenzende Flächen kostenfrei für die Maßnahmen zur Verfügung stellten. Auch die Gemeinde Weßling hat inzwischen im Bereich Delling mit Renaturierungsmaßnahmen begonnen. Ziele der Renaturierung sind:

• Wasserrückhaltung bei Hochwasser,

• Gewässerschutz, d.h. Vermeidung von Einschwemmungen,

• Naturschutz für Flora und Fauna im Lebensraum Bach.

Beim ersten Bauabschnitt der Maßnahme wurde die Einengung des schnurgeraden Baches (auf Grund der Begradigung von 1916) beseitigt, indem die Verbauung mit Fichtenstangen durch flache Ausbuchtungen auf beiden Seiten ersetzt wurde. Die Uferböschungen wurden stark abgeflacht. Dadurch wird die Fließgeschwindigkeit des Wassers vermindert, für Hochwasser ist viel mehr Platz und das Wasser kann langsamer abfließen. Der Druck wird vermindert und der Wasserstand gesenkt. Die Geschiebeverfrachtung in den See wird somit verringert. Damit der Bach nicht zu sehr verflacht, wurden sog. Störsteine eingebracht. Die Wirbelbildung des Wassers schafft hier Vertiefungen im Bachbett. Die Böschungen werden wieder begrünt und beidseitig wird zum Uferschutz eine lockere Baum- und Buschbepflanzung, vorwiegend aus Erlen und Weiden vorgenommen. Im Bereich der ca. 600 m renaturierten Bachstrecke münden auf der Hechendorfer Seite sechs Entwässerungsgräben bzw. kleine Bäche in den Aubach. Das Wasser dieser Zuläufe wird nun in zwei Erdbecken, die miteinander verbunden sind, über nur ein durch Tauchwände kontrolliertes Bauwerk in den Aubach eingeleitet. Somit können schwimmende Schmutzanteile, wie z.B. Öl nicht mehr direkt in den Aubach bzw. in den Pilsensee gelangen. Diese Erdbecken dürfen natürlich nicht als Fischweiher genutzt werden, wenngleich für diesen Zweck geeignete Fische (z.B. Karpfen und Elritzen) der beste Indikator für die Wasserqualität des angestauten Wassers sind.

Fazit

Schon sind erste positive Ergebnisse der Maßnahme erkennbar: Ein breites Spektrum verschiedenster Insekten kann wieder am Uferbereich beobachtet werden. Auch haben sich im Bach wieder Tiere, z.B. die Wasseramsel und natürlich verschiedene Fischarten angesiedelt. Wenn diese positive Entwicklung weiter gefördert werden soll, muß die Renaturierung des Aubachtals fortgeführt werden. Guter Wille, permanente Betreuung und viel Engagement sind notwendig, um den Erfolg dauerhaft zu sichern. Der Verein „Schutzgemeinschaft Aubachtal e.V.“ wird sich nach Kräften bemühen, diese ökologisch bedeutsame Entwicklung zu fördern. Dabei ist der Verein auf die Mithilfe vieler Gleichgesinnter angewiesen, die den Verein durch ihre Mitgliedschaft, mit einer Spende oder durch aktive Landschaftspfllege unterstützen.